Zentralrat rät von offenem Kippa-Tragen ab

Kippa

Foto: Daniel Bockwoldt/dpa

Zwei Jungen mit Kippa sitzen in der Talmud Tora Schule in Hamburg. Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, warnt grundsätzlich vor einem offenen Tragen der jüdischen Kopfbedeckung.

Zentralrat rät von offenem Kippa-Tragen ab
Vor den für Mittwoch geplanten Solidaritätskundgebungen mit Kippa in mehreren deutschen Städten warnt der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, grundsätzlich vor einem offenen Tragen der jüdischen Kopfbedeckung.

Trotzig sich dazu zu bekennen wäre im Prinzip der richtige Weg, sagte Schuster am Dienstag dem RBB-Sender "radioeins". "Trotzdem würde ich Einzelpersonen tatsächlich davon abraten müssen, sich offen mit einer Kippa im großstädtischen Milieu in Deutschland zu zeigen."

Zu den geplanten Solidaritätsaktionen mit jüdischer Kopfbedeckung am Mittwoch in Berlin, Erfurt, Potsdam und Köln sagte Schuster, er habe das Gefühl, "dass doch ein Ruck durch die Gesellschaft geht und man im Großteil der Gesellschaft verstanden hat, dass wir auch an einem gewissen Wendepunkt angekommen sind". Wenn es nicht gelinge, antisemitischen Tendenzen und offenem Antisemitismus entgegenzutreten, dann stelle dies letztlich auch eine Gefahr für die Demokratie dar. "Denn es geht nicht nur um Antisemitismus, damit einher geht auch Rassismus, damit einher geht auch Fremdenfeindlichkeit", betonte Schuster: "Hier bedarf es eines klaren Stoppschildes!"

Neben "Berlin trägt Kippa" und vergleichbaren Aktionen in Erfurt und Potsdam hat am Dienstag auch die Kölner Synagogen-Gemeinde für Mittwoch zu einer Solidaritätskundgebung mit jüdischen Gemeinden und gegen Antisemitismus aufgerufen. Zu der Kundgebung unter dem Motto "Kippa Colonia", die von dem Schauspieler Gerd Buurmann initiiert wurde, sollen sich Teilnehmer als Zeichen der Solidarität die traditionelle jüdische Kopfbedeckung aufsetzen.

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Die Rechtsanwältin und liberale Moscheegründerin Seyran Ates startete unterdessen im Internet mit Mistreitern eine Kampagne unter dem Hashtag #wirsindauchjuden. Die Menschen werden darin aufgerufen, auf Facebook, Twitter oder Instagram als Zeichen der Solidarität Fotos von sich mit Kippa zu posten. "Wer Menschen mit jüdischem Glauben angreift, greift uns alle an", sagte Ates. Zu den Mitstreitern gehört unter anderen das Berliner Jüdische Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus.

Auslöser der Solidaritätsaktionen ist der gewaltsame Übergriff auf zwei Kippa tragende Männer am Dienstag vergangener Woche in Berlin-Prenzlauer Berg. Der mutmaßliche Angreifer, ein 19-jähriger Flüchtling aus Syrien, sitzt in Untersuchungshaft.

Die Solidaritätskundgebung "Berlin trägt Kippa" beginnt am Mittwoch, 28. April, um 18 Uhr vor dem Jüdischen Gemeindehaus, Fasanenstraße 79/80, 10623 Berlin.
"Thüringen trägt Kippa" soll ebenfalls am Mittwoch um 10.30 Uhr an der Mikwe bei der Krämerbrücke starten.
In Potsdam beginnt die Solidaritätsaktion um 18 Uhr in der Seelenbinderstraße vor dem Gemeindehaus der jüdischen Gemeinde mit einem Friedensgebet. Anschließend führt eine Prozession zum Brandenburger Tor.